Mehr als ein Drittel ihrer täglichen Medienzeit widmen die Deutschen dem Fernsehen. Es ist das einzige klassische Medium, das in Zukunft sogar noch an Bedeutung gewinnen wird. Die Begründung liegt auf der Hand. Das Fernsehen wird zu einer Art Super-Medium, das mit dem Internet vernetzt ist und überall stattfindet, wo und wann der Nutzer es will: zu Hause oder mobil auf dem smartphone oder tablet. Manche Sendungen erreichen online sogar mehr Zuschauer als im klassischen TV. Welche Zukunft also hat das Fernsehen?
Akademiedirektor Udo Hahn hatte zu einer Diskussionsrunde über diese Frage in den Münchner Presseclub eingeladen. Die Diskutanten waren Dr. Edmund Stoiber – er war von 1993 bis 2010 Mitglied des ZDF-Verwaltungsrates. Seit 2011 ist er Vorsitzender des Beirats der ProSiebenSat.1 Media AG – und Bernd Lenze – er ist seit 2002 Vorsitzender des Rundfunkrates des Bayerischen Rundfunks. Nachfolgend ein Bericht von Michael Langer.
Medientreff im Münchner PresseClub am 27. Januar 2014
“Zwei medienpolitische Schwergewichte”, wie er es selbst bezeichnete, hatte Direktor Udo Hahn zum Tutzinger Medientreff der Evangelischen Akademie am 27. Januar zum Thema “Zukunft des Fernsehens” auf das Podium im Presseclub München eingeladen. Und Moderator Hahn wusste schon bei der Begrüßung seiner beiden Gäste Dr. Edmund Stoiber und Bernd Lenze, dass man an diesem Abend angesichts der Breite des Themas “nur ein paar Schneisen schlagen” könne, denn “auch eine ganze Wochenendtagung in Tutzing würde dafür nicht reichen”. Mit Alt-Ministerpräsident Stoiber, der heute noch als Vorsitzender des Beirats von Pro7/Sat 1 voll in der aktiven Medienpolitik steckt, und dem langjährigen BR-Rundfunkratsvorsitzenden Lenze, der am 30.Januar sein Amt abgibt, saßen zwei echte Kenner der privaten wie der öffentlich-rechtlichen TV-Szene auf dem Podium – beide mit der gleichen Leidenschaft für das Thema und besonders Stoiber begeisterte die Zuhörer im übervoll besetzten Saal des Presseclubs mit seinem engagierten Auftreten (“Wie in alten Zeiten”, war zu hören; “Nein noch besser, der hat inzwischen Kultstatus!”) So fragte Stoiber, wo der öffentliche Aufschrei bleibt, wenn man im TV oder via Netz Hinrichtungen zeigt und bei der Gewaltdarstellung kein Unterschied mehr zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern auszumachen ist. Oder der Vorwurf des in seiner gesamten Politikerzeit leidenschaftlich-engagierten Medienpolitikers Stoiber an die heutige politische Führungsriege, sich zu wenig mit medienpolitischen Fragen zu befassen, obwohl diese gesamtgesellschaftlich-kulturell ebenso wie wirtschafts- und strukturpolitisch von zentraler Bedeutung sind. Und schließlich der Appell Stoibers an die deutschen Ministerpräsidenten, auf ihrer nächsten Konferenz den völlig werbefreien öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu ihrem Thema zu machen. Der Ex-CSU-Chef ist immer noch für eine echte Nachrichtenschlagzeile gut! Widerspruch in diesem Punkt von Rundfunkratschef Lenze, der für die Wirtschaft im obersten Kontrollgremium des BR sitzt und beklagt, dass immer mehr Werbeverbote der Wirtschaft zunehmend Schwierigkeiten machen. Nicht teilen kann er die Sorgen über die wachsende Macht des Bewegtbilds via Internet. Wegen Google & Co, die gerade bei den Jüngeren immer mehr die klassischen Fernsehsender ersetzen, müsse man keine allzugroße Angst haben, allerdings schon Gegenstrategien entwickeln und vor allem auf Qualitätsfernsehen mit guten TV-Produktionen setzen. Stoiber hat da weit größere Sorgen: “Was Google weltweit macht, das wird erst in Ansätzen diskutiert.” Viele Ansätze auch bei dieser munteren Podiumsrunde beim Tutzinger Medientreff – mit ebensovielen Aurufezeichen wie Fragezeichen.
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