Drei europäische Großstädte, drei Impulse. Jörn Gertenbach (Urban Catalyst Studio), Julian Petrin (Nexthamburg) und Paul Bauer (grünstadtzürich), zeigten in ihren Beiträgen die Realisierbarkeit, aber auch die Grenzen, des gemeinsamen “Stadt-machens”.
Eine Bewertung öffentlicher Räume geht eine Analyse verschiedener Perspektiven voraus. Der Stadtplaner Le Corbusier plante aus der Makroperspektive. Er stellte sich eine Stadt vor, wie es sie noch nicht gegeben hatte. Die Vision einer autogerechten Stadt. Dabei vergaß er die Menschen, die in diesen Städten leben sollten. Für die heutige urbane „post-Auto“-Perspektive fehlt einem solchen Ansatz die Mikroperspektive, die der Bedürfnisse.
Bedürfnisse der Bevölkerung werden in Beteiligungsprozessen eroiert. Diese „klassische Partizipation“ sieht der Hamburger Julian Petrin in der Sackgasse. So wichtig Bürgerbeteiligung sei, er merke eine „neue Ungeduld der Bürger“, die Beteiligungsprozesse vielfach schwierig gestalte.
BürgerInnen nehmen in zivilgesellschaftlichen Initiativen bereits heute vielfach das “Stadt machen” selbst in die Hand. Diese „selbstgemachte“ Stadt berge aber auch ein Risiko: das der Milieu-Segregation. In seinem Stadtmodell zeigte sich die „Selbststadt“, die neben der „Zentralstadt“ und der „Draußenstadt“ existiert, als Keimzelle zur Gated Community.
Während die Zentralstadt ein von oben nach unten geplanter, stark technokratisch gesteuerter Infrastrukturraum sei, wäre die Selbststadt eine selbstregulierte und aus Zellen organisierte Community. In ihren Werten der Shared Economy und Commons lägen auch die Pflichten eines Bürgerkontraktes und Beteiligungspflicht. Diese Vision, die eine starke Gemeinschaft voraussetzt, hat durchaus ihren Reiz. Sie birgt aber auch die Gefahr der Abgrenzung zur Draußenstadt, die wortwörtlich draußen und mit einer Minimumversorung ausgestattet wäre.
Diese kritische Vision kann die Potentiale und Möglichkeiten, die in einer zivilgesellschaftlichen und von einer breiten Bürgerschicht mitgetragenen Vorstellung von Stadt nicht schmälern. Aber der Warnruf ist wichtig und motiviert verschiedenste Bevölkerungsgruppen in den Prozess des Stadt-machens miteinzubeziehen.
Die bisherigen Tagungsbeiträge zeigen außerdem: Das Thema Zusammenarbeit von Kommunen, privaten Eigentümern, Investoren und der Bevölkerung ist zentral in eienr Diskussion um öffentlichen Raum. Ob „Kooperation“ (Jörn Gertenbach), „Cokreation“ (Julian Petrin) oder „Koproduktion“ (Juliane Pegels, Ulrich Berding) fast alle Inputgeberinnen und -geber bezeichneten eine gemeinsame Kommunikation und Auslotung der jeweiligen Bedürfnisse der Akteure als grundlegend für eine erfolgreiche Schaffung von öffentlichen Stadträumen.
Zur Halbzeit der Tagung lässt sich festhalten: Öffentlicher Raum muss in Koproduktion zwischen den Akteuren von Kommune, privater Hand und Bevölkerung entstehen. Auch private Flächen sollten nach Möglichkeit und nach lokalen Bedingungen für eine öffentliche Nutzung zur Verfügung stehen. Neue öffentliche Räume müssen erschlossen werden, Fantasie und Mut sind gefragt. Monofunktionale Flächen müssen multifunktional umgestaltet werden.
Und: Wir brauchen dafür viel Ausdauer, Mut und – Spaß an der Sache!
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