Himmel & Erde

Ein Wort zum Wochenanfang – von Dr. Jochen Wagner

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“Noli me tangere/berühre mich nicht!” Aber Maria Magdalena wollte ihn anfassen, den Jesus von Nazareth. “Auferstandenen von den Toten”!? Das Veto Jesu kam wohl zu spät. Wer liebt, will hinlangen. Erst recht nach der Kreuzigung am Karfreitag, erst recht an Ostern: die Auferweckung des Leibes. Wer kann es fassen? Ein Ärgernis, ein Skandalon, ein Wunder, und in allem doch unser vielleicht brüllendster Wunsch nach den verlorenen Lieben: auf Wiedersehen! Jedenfalls ist Ostern zuerst ein ‘Weibergeschwätz’, waren doch die Frauen, anders als die resignierten Jünger, in aller Sonntagsfrüh zuerst am Grab. sie finden es leer. Jesus von Nazareth ist nicht hier, er ist auferstanden.
Das ist nicht ‘unsterbliche Seele’ im Jenseits alla Volksmund, “die Seele schwingt sich in die Höh’, der Leib liegt auf dem Kanapee”, nicht Seelenwanderung, Charma, Esoterik, nicht ‘Comeback’ im sportlichen, sozialen Sinn, nicht das ‘Frühlingserwachen der Natur zu neuem Leben’ und eben auch nicht leerer Himmel über transzendental Obdachlosen. Auferweckung, das ist die alte Prophezei des Ezechiel, dernach der Messias die Totengebeine wieder mit Fleisch überziehen werde, und damit – ohne die Verbrechen und Unglücke ungeschehen zu machen – der Tod nicht das letzte Wort behält: ‘Tod wo ist dein Stachel, Hölle, wo ist dein Sieg?’. D a s meint die Bibel mit Ostern: wir wollen b-leib-en, wie das Franz Rosenzweig im Stern der Erlösung anmahnt. Leibhaftig, fleischlich auferweckt werden, in einer einmal messianisch heilen Welt. Ein Märchen, oder radikale Utopie? Caro cardo salutis, das Fleisch ist der Haken des Heils. Christus als Erstling – kommt die Auferweckung der Toten nicht, fällt Ostern aus, als Futurum, wie auch immer, dann bleibt es auf ewig dabei: manche haben Glück, viele einfach Pech gehabt, das Absurde obsiegt. Kain bleibt Täter, Abel bleibt Opfer, für immer –
die Welt verdichtet sich zur ausweglosen Immanenz, total. Wer liebt, begehrt dagegen auf, sprengt mit dem Reflex des Herzens den Verhau des Schicksals und schreit zum Himmel: der Messias, Ostern muss kommen! Von wegen ‘noli me tangere’. See me, feel me, heal me, touch me!
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