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Kirche und Kunst – eine gewachsene Beziehung

“Die Kunst eröffnet für mich einen Raum innerhalb der Gesellschaft, in der Perspektivenvielfalt erprobt werden kann.”, sagt Alix Michell, Studienleiterin an der Evangelischen Akademie Tutzing für Kunst, Kultur, Digitales und Bildung. In ihrem Grußwort zum 30. Geburtstag des “Artheon”-Netzwerks ging sie auf die Verbindung ein, die Kunst und Kirche seit jeher haben. In unserem Blog veröffentlichen wir an dieser Stelle einen Teil ihrer Rede.

(… )Als ich gefragt wurde, ob ich mir vorstellen könnte, das zu tun – in diesem Rahmen zu sprechen, habe ich mich aber nicht nur gefreut, ich hatte auch Respekt vor der Aufgabe – schließlich bin ich keine Theologin und falle damit aus der Reihe meiner Vorredner. Ich bin von Haus aus Literatur- und Kulturwissenschaftlerin. Aber eigentlich steht diese Reihung ja ganz bezeichnend für das, was Artheon tut:

Das Gespräch zwischen den Künsten der Gegenwart und der Kirche fördern und dabei die größte Offenheit zu beweisen.

Kirche und Kunst zusammen zu bringen, das ist nicht nur schön, es ist auch eine historisch gewachsene Beziehung:

Schließlich wirkte die Kirche jahrhundertelang als zentrale Auftraggeberin für Kunst, bis zur Renaissance lagen hier zum einen die finanziellen Mittel, Kunstschaffende zu bezahlen, zum anderen gab es da einen großen Kunstbedarf: Religiöse Bilder und Figuren dienten der Verbreitung und Kommunikation des Wortes Gottes und der Vermittlung göttlicher Erhabenheit in der Schönheit der künstlerischen Erfahrung.

Seitdem hat sich freilich eine Menge auf dem Kunstmarkt geändert. Doch noch immer, so würde ich sagen, ist das Verhältnis zwischen Kirche und Kunst nicht nur immer wieder ein Förderndes, sondern auch in hohem Maße sinnvoll.

So wie ich Kirche verstehe, und bitte scheuen Sie nicht, nachher das Gespräch mit mir zu suchen, sollten Sie das anders sehen – so wie ich Kirche sehe, ist sie ein Ort der Aushandlung dessen, wie wir miteinander leben wollen. Hier geht es um zwischenmenschliche Werte – Nächstenliebe, Fürsorge, Gnade. Und es geht darum, diese Werte in einer Gemeinschaft zu leben, auf dass die hier gelebte Form des Zusammenlebens in die Welt hinausgetragen werde, eine größere Gemeinschaft präge.

In Kirche und Christentum geht es aber um weitaus mehr als zwischenmenschliche Werte. Es geht auch darum, gemeinschaftlich der Schöpfungsverantwortung nachzukommen – der Fürsorgepflicht, die Gott dem Menschen für seine Schöpfung – unsere Mit- und Umwelt – übertragen hat.

Die Kunst eröffnet für mich einen Raum innerhalb der Gesellschaft, in der Perspektivenvielfalt erprobt werden kann. Neue Blicke auf vermeintlich Bekanntes erkundet werden. Und mehr noch als das: In der ästhetischen Erfahrung können neue Haltungen eingeübt werden: Haltungen in Bezug auf unsere Mitmenschen und unsere Umwelt.
Auch hier geht es um die Frage, wie wir miteinander leben wollen, auch hier wird im Kleinen erforscht, erprobt, eingeübt, was im Großem zu tragen kommen will.

Was ergibt da mehr Sinn, als Kirche und Kunst zusammenzubringen?

Artheon macht das jetzt seit 30 Jahren. Und überaus erfolgreich und vielseitig!

In Form von Symposien, Ausstellungen und anderen Veranstaltungen; Kunstpreisen und Publikationen, die sich dem Verhältnis von Theologie und Ästhetik, von Kunst und von Kirche widmen. Man macht dabei vor hochaktuellen Themen keinen Halt, so beispielsweise im Symposium in diesem Jahr, dass sich anlässlich der documenta an postkolonialen Positionen abarbeitete.

Artheon tritt dabei sowohl als Faktor wie auch als Forum auf – ist aktiv und prägend an Diskursen beteiligt und bietet gleichzeitig eine Plattform zu Beratung, Vernetzung und Vergemeinschaftung in einer Branche, die wie kaum eine andere von Beziehungen lebt.

Spätestens mit einem Blick auf Ihre Arbeit wird klar, dass das Verhältnis von Kunst und Kirche längst und vor allem weit über das der Finanzierung und Auftragsgebung hinausgewachsen ist und in eine fruchtbare wie reziproke Beziehung überführt werden konnte: Zwei Räume für eine bessere Welt und der eine trägt den anderen, man wagt den gelegentlichen kritischen Blick aufeinander und stärkt sich gegenseitig. (…)

 

Alix Michell

 

Mehr zu Artheon – Gesellschaft für Gegenwartskunst und Kirche – hier. https://www.artheon.de/

 

 

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