Es ist unfassbar! Und es treibt einem die Schamesröte ins Gesicht. Die Zahl der Flüchtlinge weltweit hat den höchsten Stand seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs erreicht. Zum Jahresende 2015 waren 63,5 Millionen Männer, Frauen und Kinder vor Gewalt und Unterdrückung auf der Flucht, teilte das Flüchtlingshilfswerk UNHCR in seinem Jahresbericht mit. „Es herrscht ein gefährlicher Mangel an Frieden“, warnte der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, der noch bis Ende 2015 dieses Amt bekleidete.
Jede Minute verlassen acht Menschen ihre Heimat – auf der Flucht vor Krieg, Verfolgung und Terror. Die Bereitschaft der reichen Industrieländer, Flüchtlinge aufzunehmen und sie zu integrieren, ist nach wie vor enttäuschend gering. Die Europäische Union zeigt wenig Neigung, ihre Aufnahmekapazitäten zu erweitern. In der spanischen Exklave Melilla schützt sich Europa mit einem scharfkantigen, 12 Km langen Stacheldrahtzaun vor den Flüchtlingen Afrikas. Doch er hält die Migranten nicht ab, er erhöht nur die Zahl der Toten und Verwundeten. Und Gibraltar, Sizilien, Lampedusa: In den vergangenen Jahren sind seit 2008 bis zu 40.000 Flüchtlinge beim Versuch, in die EU zu gelangen, im Mittelmeer ertrunken.
Hohe Zäune und sinkende Boote – Europa ist ratlos, was zu tun ist. Die traurige Wahrheit ist, dass es in Europa nur eine mangelhafte Flüchtlingspolitik und überhaupt keine Migrationspolitik gibt. Die Folgen sind bekannt: Die Migranten, die es über den Zaun oder das Mittelmeer schaffen, führen in Europa ein äußerst prekäres Dasein. Sie leben als Illegale am Rande der Gesellschaft, ausgebeutet, erniedrigt, mit einem Bein in der Abschiebehaft, im günstigsten Fall geduldet.
Sind die Belange dieser Menschen nicht auch für uns ein Auftrag? Auch die Bibel erzählt von Flüchtlingen und ihren Schicksalen. Menschen wie Abraham, Jakob, David, selbst Jesus und viele andere waren zeitweise auf der Flucht und mussten ihre Heimat, Geborgenheit, Familie und Freunde verlassen. Die Bibel hat einiges über den Umgang mit Fremden und Flüchtlingen zu sagen. Sie stehen unter dem besonderen Schutz Gottes. Das Wort für ‚Fremder‘ ist in der Bibel gleichbedeutend mit ‚Gast‘.
Wir sollten die Fremden aus einem anderen Kulturkreis als Gäste behandeln. Sie bei uns aufzunehmen, ist gelebte Gastfreundschaft. Und der von den Medien und der Politik so häufig gebrauchte Begriff der „Willkommenskultur“ würde dann mit Inhalt gefüllt. In der Heiligen Schrift werden wir aufgefordert: „Du aber tritt für die Leute ein, die sich selbst nicht verteidigen können! Schütze das Recht der Hilflosen. Sprich für sie und regiere gerecht! Hilf den Armen und Unterdrückten!“
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