Ein Beitrag von Jürgen Miksch.
Seit Jahren gibt es weltweit eine Zunahme von Menschen auf der Flucht. Gegenwärtig sind es 60 Millionen. Die meisten fliehen in ihren eigenen Ländern oder in Nachbarländer. Nur relativ wenige kommen nach Europa, das sich immer weiter als Festung ausbaut. Tausende sterben daher im Mittelmeer.
Ursachen für die Flucht sind vor allem Kriege, Militärdiktaturen, Krisen in arabischen oder afrikanischen Ländern, die jeweils Fluchtbewegungen zur Folge haben sowie Umweltkatastrophen durch Klimaveränderungen, Menschenrechtsverletzungen oder die Verarmung der Landbevölkerung in vielen Ländern, durch die Menschen zur Flucht gezwungen werden. Diese Ursachen sind nur schwer zu überwinden und werden das 21. Jahrhundert prägen.
Aufnahmeländern fühlen sich durch flüchtende Menschen schnell überlastet und sprechen von Obergrenzen. Ländergrenzen werden geschlossen. Wenn es ums Überleben geht, dann sind Menschen erfinderisch und durch keine Festungen aufzuhalten. In Europa und Deutschland haben wir uns darauf einzustellen. Obergrenzen funktionieren auf Dauer nicht.
In Aufnahmeländern ist meist eine Abwehrhaltung verbreitet. Es ist ein großartiges Signal, dass es in Deutschland gegenwärtig eine Willkommenskultur in der Zivilgesellschaft gibt. Sie wirkt sich positiv auf das Miteinander aus und findet weltweite Beachtung.
Menschen auf der Flucht sind Botschafter für Veränderungen. In der Geschichte haben Flüchtlinge immer wieder Innovationen in den Aufnahmeländern ausgelöst. Bereits Abraham war ein Flüchtling und prägte den Monotheismus. Moses, Jesus oder Muhammad hatten ihre Fluchtgeschichten. Die Ausbreitung von Religionen und neuen Erkenntnissen erfolgte durch Flüchtlinge. Flüchtlinge haben auch entscheidend zum Zusammenbruch sozialistischer Staaten beigetragen.
Aktuell weisen Menschen auf der Flucht nachdrücklich auf ungerechte Strukturen in ihren Herkunftsländern hin. Und den Europäern vermitteln sie die Botschaft, dass sie Menschenrechte wie das Asylrecht weiterzuentwickeln und ihren Anteil an ungerechten Strukturen in der Welt zu erkennen haben. Das alles macht Änderungen erforderlich, die eine Jahrhundertaufgabe sind.
Jürgen Micksch
(Dr. Jürgen Micksch ist seit 1994 Vorsitzender des Interkulturellen Rates in Deutschland, wo er die Internationalen Wochen gegen Rassismus initiierte und das Abrahamische Forum und das Deutsche Islamforum gründete. 2014 wurde er geschäftsführender Vorstand der Stiftung für die Internationalen Wochen gegen Rassismus.)
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