Himmel & Erde

Irgendwie lähmend, diese hyperalarmierte Welt – und verhext.

Aleppo? Rio? Oder Afrika? Olympia oder Chaos? Spiel oder Krieg? Oder halt Trump, oder Erdogan, Putin noch, ach ja, Thailand vielleicht, Militärdiktatur, verfolgte Opposition, Pseudowahlen? Too much, alles. Irgendwie lähmend, diese hyperalarmierte Welt – und verhext, denn Griechenland, Flüchtlinge, Mittelmeer- oder Balkanroute, war da was? Die Medien be-stimmen, was uns zu interessieren hat, dass z.B. Walmart, der weltgrößte Einzelhändler einen Frontalangriff auf Amazon im online-Geschäft startet, indem er Jet.com für 3,3 Mrd kaufen will. Für manche ist es viel wichtiger, dass wenigstens die 2. Fußballbundesliga wieder spielt und – siehe den aktuell spürbaren Anstieg des Dirndlverkaufs signifikant auch in außer-bayerischen Bundesländern –  das Oktoberfest in der gewohnten Ausschweifung auch garantiert un-gefährdet stattfindet. Was schützt vor soviel diffuser Komplexität? Und noch bevor man sich einen Reim auf den eigenen Tag gemacht hat, dann schon die nächste Sensation: Uli Hoeneß, so der Bayerische Rundfunk ab den Mittagsnachrichten mit dem 1. Satz, und das zieht sich vor lauter Energie durch bis in die Tagesthemen und ins zdf-heute-journal, wolle im November wieder bei der Wahl zum Präsidenten des FC Bayern München kandidieren. Schuld & Sühne, oder Schwamm drüber, so die ersten Eycatcher oder Earcatcher, soll Er eine zweite Chance bekommen? Im politischen Kontext gefragt: Wer gewinnt warum, wo, womit die Herzen des Volkes? Was ist die Differenz in der emotionalen Begeisterung für einen Staats- oder Fußballpräsidenten? Was indes ist kognitiv nötig, zumutbar bzw. findet an Reflexion noch statt? Masse und Macht? Alles too much?

Es ist schon eine Frage, wie man in dieser flirrenden Welt so etwas wie ein ‚eigenes Eigenes’ bestrebt, natürlich nicht gegen ‚anders Andere’ macht, das alltäglich Nötige, Nützliche, Notwendige vollbringt. Wie schreibt der Prediger Salomo, der alttestamentliche Weisheitslehrer? „So geh hin und iss dein Brot mit Freuden, trink deinen Wein mit gutem Mut, denn dies, dein Tun, hat Gott schon längst gefallen; lass deine Kleider immer weiß sein und lass Salbe deinem Haupte nicht mangeln. Genieße das Leben mit dem Menschen, den du lieb hast, solange du das eitle Leben hast, das dir Gott unter der Sonne gegeben hat; denn das ist dein Teil am Leben und bei deiner Mühe, mit der du dich mühst unter der Sonne. Alles, was dir vor die Hände kommt, es zu tun mit deiner Kraft, das tu!“ (9, 7-10).

Händisch mit eigener Kraft tun, machen, soweit meine Hände reichen, das ist die wörtliche Bedeutung des griechischen authentes. Jetzt das eigene Eigene tun, maintenant im Französischen, was die Hände erreichen, ist das ein Minimalprogramm meiner Selbstsorge, meiner Humanität? Was wollte ich, bevor ich musste; was konnte ich, als ich noch durfte? Sapere aude, erkenne dich selbst – eine Option für diese Woche?

Jochen Wagner

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